Es ist einige Jahre her, dass ich auf einer Konferenz erstmals davon gehört habe, dass Medienhäuser Künstliche Intelligenzen einsetzen, um einfache Texte schreiben zu lassen. Ich habe schon damals nicht den Unterschied zwischen menschlichen Texten und denen von einem Roboter erkannt. Aber: ich war damals davon ausgegangen, dass es noch sehr lange dauern würde, bis KI in der Lage sein würde, komplexe Texte zu schreiben. ChatGPT verändert alles.
Jetzt ist es soweit. Und ja, ich mache mir Gedanken darum, wie sich meine Arbeit künftig verändern wird. Und ob ich überhaupt noch Texte schreiben werde. Denn meine Selbstversuche mit ChatGPT zeigen, dass die KI beängstigend gut ist. Wer das erste Mal damit zu tun hat: ChatGPT ist nicht Google. Es geht nicht um Fakten, sondern darum, diese KI und auch andere als eine Art Kreativitätsasisstenten einzusetzen.
Mein allererster Versuch mit ChatGPT
Dabei gebe ich zu: Mein erster Versuch mit ChatGPT war ein eher schwaches Ergebnis: Ich nutze die KI, als ich einen Artikel für einen Kunden schreibe, und zwar zum Thema Lastenfahrräder im Einsatz in Handwerksunternehmen. Ich weise die KI zunächst an, dass sie mir eine Auflistung macht, welche Punkte in einem solchen Artikel vorkommen sollten. Das Ergebnis liest sich erstmal gut. Dann möchte ich von der KI zwei Überschriften für einen entsprechenden Text. Auch sie klingen gut. Zur Sicherheit kontrolliere ich bei Google, ob sie wortgleich im Internet vorkommen, kann aber keine entsprechende Quelle finden. Das ist positiv. Denn so verringere ich zumindest die Wahrscheinlichkeit, ungewollt ein Plagiat zu machen.
Im nächsten Schritt frage ich die KI nach einem ersten Absatz für meinen Blogartikel. Der liest sich ebenfalls gut, es fehlt mir aber der Unterschied zwischen Lastenfahrrad und Auto. Also wünsche ich, dass sie die Vor- und Nachteile im Vergleich zum Auto in diesen Absatz noch einfügt. Das macht ChatGPT sogar sehr gut: Die KI setzt auf Klimaschutz, Geschwindigkeit in der Stadt und Parkplätze, die man nicht benötigt. In einem weiteren Schritt frage ich die KI, ob sie den Absatz für eine Suchmaschine optimieren kann. Hier schneidet sie nicht gut ab, finde ich. Ich kann zumindest keinen signifikanten Unterschied sehen.
Manches macht die KI mindestens so gut wie ich. Oder besser!
Jetzt beginne ich meinen Artikel zu schreiben. Ich recherchiere dazu mit Google meine Punkte, und vergleiche später, was ich geschrieben habe, mit den ersten zehn Punkten, die mir die Künstliche Intelligenz aufgelistet hat. Nun bin ich überrascht. Denn das, was auf den ersten Blick gut klang, ist jetzt im Vergleich zu meinen Inhalten völlig belanglos. Das spricht theoretisch dafür, dass meine Arbeit noch einige Zeit gebraucht wird.
In meinem zweiten Versuch frage ich ChatGPT nach einem Bewerbungsanschreiben für einen Controller, der in einem Bahnunternehmen arbeiten möchte. Das Bahnunternehmen lässt die Künstliche Intelligenz zwar komplett außer Acht, aber das Anschreiben an sich hätte ich kaum besser formulieren können. Auch hier bin ich überrascht, in diesem Fall allerdings positiv. Auch der Text unter einer Instagram-Story zu einer Veranstaltungsankündigung ist aus meiner Sicht ganz wunderbar, aber auch deutlich überschwänglicher als ich mich je äußern würde.
Seither habe ich viele weitere Dinge mit ChatGPT gemacht:
- Die KI hat meinen WordPress-Code überarbeitet, so dass ich nach vier Wochen endlich einen Fehler beheben und mich wieder einloggen konnte.
- Sie gibt mir Reisetipps für London – allerdings wurde sie noch nicht darauf trainiert, dass neuerdings ein König im Buckingham Palast lebt.
- Ich lasse mir eine SEO-Gliederung von einem Artikel machen – gelingt bestens.
- Aus beruflichen Zwecken lasse ich ChatGPT eine Mail ins Französische übersetzen und das Ergebnis, das zu perfekt klingt, in einfacheres Französisch umwandeln.
- Ich frage nach Themenvorschlägen für einen Kunden.
- Und lasse einen ausführlichen Geburtstagsgruß schreiben.
Seit ich ChatGPT nutze, besuche ich auch viele Webinare zum Thema. Sogar bei der Volkshochschule Köln gab es bereits eines. Für mich sind sie Bestätigung: ich bin auf dem Laufenden. Und genau darum mache ich mir auch so meine Gedanken.
KI und Suchmaschinenoptimierung
Seit ich ChatGPT nutze, verwende ich Google deutlich weniger. Wenn das alle so machen, wird Google an Werbeeinnahmen verlieren. Und wenn Google in Deutschland nicht mehr die Suchmaschine-Nummer Eins ist, muss ich für sie auch nicht mehr SEO-optimieren. Allerdings ist dann auch die Frage, ob es überhaupt noch sinnvoll ist, zu bloggen. Oder überhaupt Onlineseiten zu machen. Denn spätestens, wenn ChatGPT in Echtzeit Zusammenfassungen aus dem Internet ausspielt, braucht niemand Google mehr. Dann allerdings könnte es auch passieren, dass diese Zusammenfassungen ohne Quellenangaben sind. Und warum sollte ich mir die Arbeit machen, wenn Nutzer*innen nicht wissen, dass die Inhalte von mir kommen? Also welchen Nutzen haben meine Onlineseiten dann noch für mich selbst?
Ich gehe davon aus, dass künftig andere Onlineprodukte auf den Markt kommen werden, ich weiß aber nicht, wie diese aussehen werden. Überhaupt: Es gibt so viele offene Fragen:
- Darf ich einen Text, den ich mit ChatGPT erarbeitet habe, unter meinem Namen veröffentlichen?
- Woher weiß Otto Normalverbraucher, ob der Inhalt der Wahrheit entspricht? Ich habe außer der Sache mit dem Buckingham-Palast noch einen schwerwiegenderen Fehler beim Thema Geldanlage gefunden. Ein Laie in diesem Bereich hätte ihn aber einfach nicht als solchen wahrgenommen.
- Was ist mit Bildern, die ich mit Dall-e mache? Darf ich die unter meinem Namen veröffentlichen?
Es sind so viele Dinge in diesem Bereich noch nicht geklärt. Schlimmer: Die Entwicklung rennt voran – und wir weit hinterher. Wie wird das alles weitergehen? Was denkst du über diese Entwicklungen?
Pingback: #Deutschlanddigital in Bonn eröffnet - Bettina Blass